DOI: 10.53176/205
Die Digitalisierung wird als die vierte industrielle Revolution [1] bezeichnet. Sie verändert unser Leben, unsere Arbeitsplätze und die Gesellschaft. Entsprungen ist die Digitalisierung aus der Konvergenz von Informations- und Kommunikationstechnologie [2]. Informationen werden systematisch in digitalen Formaten erhoben, können in beliebigem Umfang gespeichert, verarbeitet und über das Internet ausgetauscht werden [3].
Die digitale Konvergenz [4]
erlaubt es Unternehmen, ihr Angebot in die Cloud zu verlagern und
plattform-orientierte Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die vier Internetgiganten
Google, Amazon, Facebook und Apple (GAFA) führen die Liste der wertvollsten
Unternehmen [5] mit an. Doch sie spielen nach anderen Regeln und erschüttern die traditionelle
Ordnung. Das digitale Gut [6] befeuert die Disruption der ubiquitären Wirtschaftstheorien.
Die Disruption von Produkten, Unternehmen und Märkten erfolgt nicht inkrementell, sondern schnell und unbarmherzig. Ein hervorragendes Beispiel ist das iPhone von Apple. Als Querschnittstechnologie schafft es einen neuen Markt, indem es die Funktionen eines Computers, eines Telefons, einer Kamera und eines iPods in einem Device vereint. Das iPhone erschütterte die Märkte und verdrängte Anbieter wie Nokia, die zuvor in ihrem Segment Marktführer waren.
Schumpeter beschreibt die Disruption wie folgt: Eine Idee ist so lange gut, bis eine neue, bessere sie ersetzt [7] . Digitale Geschäftsmodelle befriedigen grundlegende Bedürfnisse in einer neuen Form [8] und sie sind, in den für den Kunden wichtigen Leistungsmerkmalen, besser [9] . Zwei Entwicklungen führen zu der Revolution der Geschäftsmodelle: die Digitalisierung der Informationen sowie die Konvergenz der Informations- und Kommunikationstechnologie. Beide Entwicklungen stellen die Basistechnologie für digitale Geschäftsmodelle dar.
Ein Beispiel: Früher wurde Musik auf
physischen Tonträgern gespeichert, welche in einem Presswerk hergestellt, über
ein Händlernetz verteilt und in stationären Musikgeschäften verkauft wurden.
Das Musikgeschäft unterlag den Restriktionen des stationären Handels: geringe
Reichweite, begrenzte Öffnungszeiten, eingeschränkte Produktvielfalt und
geringe Lagerkapazität. Die manuelle Arbeit für das Handling der Ware, die
Beratung der Kunden, das Kassieren des Geldes sowie weitere administrative
Aufgaben setzten dem Geschäftsmodell weitere Grenzen.
Heute ist Musik ein digitales Gut und wird zum
Download angeboten oder im Stream direkt konsumiert. Digitale Güter sind
immateriell und haben somit keine physischen Grenzen. Die Eigenschaften der
digitalen Geschäftsmodelle bestehen darin, jederzeit, von überall und besonders
einfach [10]
nutzbar zu sein. Es entfallen alle manuellen und geistigen Tätigkeiten in der
Herstellung, Logistik, Lagerung, Beratung und Zahlung. Eine Musikplattform wie
iTunes braucht keine physische Ware, keine Fabrik, keine Geschäfte und keine
operativen Mitarbeiter.
iTunes hat das Musikgeschäft revolutioniert.
Die Digitalisierung wurde nicht genutzt, um das stationäre Musikgeschäft zu
verbessern, sondern um ein komplett neues und innovatives Geschäftsmodell zu
schaffen. Die grundlegenden Bedürfnisse des Kunden werden auf eine neue Art
befriedigt, und das neue Geschäftsmodell ist schneller, besser und einfacher.
Kunden sparen in erster Linie Zeit und Geld, erfahren eine riesige Auswahl
sowie eine hundertprozentige Verfügbarkeit. Letztlich erhalten sie ein Produkt,
das sich weder abnutzt noch verloren gehen kann.
Auf den ersten Blick ist iTunes eine App für das Smartphone. Erst ein tieferer Blick hinter die Kulissen zeigt, dass die Digitalisierung vielschichtige und komplexe Veränderungen mit sich bringt. Die Disruption des Musiksektors ist ein Beispiel. Viele andere Branchen wie der Einzelhandel, Reisebüros, Autovermieter, Banken etc. sind ebenfalls betroffen. Doch es ist nicht die Technologie, sondern vielmehr sind es die versteckten Kräfte dahinter, die eine Disruption auslösen. Wir müssen lernen, dass unsere Erkenntnisse aus der analogen Welt überholt sind. Viele Variablen markanter Wirtschaftsformel haben jetzt einen Wert von null oder unendlich. Das Problem ist: Eine Multiplikation mit null ergibt null.
Im Rahmen der Digitalisierung wird von allen Seiten ein neues Denken gefordert. Mit markanten Sprüchen werden Unternehmer aufgerufen, ihre erfolgreichen Geschäftsmodelle aufzugeben und sich in ein digitales Abenteuer zu stürzen. Doch es fehlen die Antworten, die Zusammenhänge oder ein klarer Wegweiser. Unternehmer wollen fundierte Antworten, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Wenn sich die Regeln ändern, sollten die Unternehmer die neuen Gesetze kennen und für sich adaptieren. Dies gilt – in gleichem Maße – für alle Protagonisten aus der zweiten Reihe: Professoren, Manager und Berater.
Dieser Artikel zeigt anhand pragmatischer Beispiele auf, wie und
welche Wirtschaftstheorien versagen. Es sind Doktrin, die beim Studieren der
Fachliteratur auffällig waren, gesammelt und kritisch hinterfragt wurden. Oft
war es dem Autor des Fachbuches nicht bewusst, dass er mit seinen Ausführungen
andere Theorien infrage stellt. Die Widersprüche führten zu einem wachsenden
Interesse und motivierten den Autor dieses Artikels dazu, die Auswirkungen
digitaler Strategien näher zu untersuchen. Bitte lehnen Sie sich zurück und
lesen Sie, wie die Lehren von Varian, Porter und Pareto in der digitalen Welt
versagen!
Nach Hal Varian, Lehrmeister der Mikroökonomie, ergibt sich die
Produktivität aus den drei Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Ressourcen [11]. Es ist die
Kennzahl, die den Aufwand (Arbeitsstunden, Geldeinheiten und Rohstoffe)
ermittelt, um ein bestimmtes Ergebnis (Produkt) herzustellen. Das digitale
Geschäftsmodell erfordert jedoch keine manuelle Arbeit und das digitale Gut ist
eine unerschöpfliche Ressource, welche beliebig kopiert oder neu berechnet
werden kann. Das Beispiel des Musikvertriebs zeigt, dass die manuelle Arbeit
komplett entfällt, weniger Kapital erforderlich ist und Musik einfach kopiert
wird.
Ja sogar die verbleibende Komponente Kapital verringert sich, da die Entwicklung einer Plattform günstiger ist als der Bau einer Produktionsanlage inklusive internationalem Vertriebsnetz. Die Berechnung der Produktivität beinhaltet zwei Faktoren (Arbeit und Ressourcen) mit dem Wert null. Ihre Berechnung allein auf Basis des Kapitals ist daher sinnlos. Ohne die physischen Kapazitätsgrenzen [12] ergeben sich extreme Produktivitätsgewinne [13], die nur durch den Bedarf des Kunden begrenzt sind.
Michael E. Porter ist mit seinem Buch „Competetive Advantage“ [14] einer der einflussreichsten Theoretiker im strategischen Management. Seine Lehren dominieren die strategische Planung und gelten als Pflichtlektüre an den Universitäten.
Porter folgt der Annahme, dass Unternehmen aus drei generischen Wettbewerbsstrategien (Segmentierung, Differenzierung und Kostenführerschaft) wählen sollten, um eine eindeutige, strategische Position im Markt einzunehmen. Viele Firmen adaptierten Porters Theorien und schotten mit hohen Eintrittsbarrieren ihre Märkte ab. Doch ihre starke Position ist ihre Schwäche. Sie sind strategisch unflexibel, eingesperrt in ihrem Segment und verwöhnt durch den Erfolg.
Als einer der Ersten stellte sich W. Chan Kim [15] mit seiner
„Blue Ocean Strategy“ gegen die Ansichten von Porter. Er fordert Unternehmen
auf, sich nicht am Wettbewerb zu orientieren, sondern auf die Kernelemente aus
Sicht des Kunden zu fokussieren. Märkte formieren sich, nach seiner Theorie, um
die Erfüllung von Kundenanforderungen.
Ein „Blue Ocean“ entsteht, wenn es gelingt, Kunden und Nicht-Kunden durch einen besseren Nutzen sowie zu einem geringeren Preis zu überzeugen.
Digitale Geschäftsmodelle folgen genau dieser Aufforderung. Sie
erbringen Leistungen in einer neuartigen Form, verbessern die wichtigen
Leistungsmerkmale aus Sicht des Kunden und senken die Transaktionskosten
drastisch. Zentrum für digitale Geschäftsmodelle ist der Customer Purpose [16] oder das
Value Proposition [17] , das
Versprechen an den Kunden. Digitale Strategien sind allein auf den Nutzen für
den Kunden fixiert und ignorieren den Wettbewerb.
Porters Protektionismus wird für die analogen Unternehmen zur digitalen Hölle. Es gibt keinen Schutz vor den digitalen Geschäftsmodellen, denn sie kreieren – so wie im Beispiel iTunes – immer einen gewaltigen „Blue Ocean“. Sie disruptieren die physische Welt und tun so, als ob es Porter nie gegeben hätte.
Das Unersättlichkeitsaxiom [18] sagt aus, dass Menschen ein unendliches Bedürfnis haben. Da die Bereitstellung von Gütern Kosten verursacht, ist die Angebotsmenge immer niedriger als die Bedarfsmenge. Es herrscht eine ewige Knappheit an Gütern. Alle Mikroökonomen müssen jetzt stark sein, denn dieses Grundgesetz der Ökonomie ändert sich. Digitale Güter sind weder knapp noch frei. Freie Güter werden in der Regel aus der Natur entnommen, digitale Güter werden dagegen in dem Moment generiert, in dem der Bedarf zustande kommt. Es entsteht ein Überfluss (Abundance), da jedweder Bedarf ohne Aufwand sofort gedeckt wird.
Ein einfaches, aber einleuchtendes Beispiel ist das digitale Foto.
Früher war das Urlaubsfoto ein knappes Gut, denn ein Kleinbildfilm fasste 36
Aufnahmen. Jede Aufnahme wurde akribisch geplant, da Filme rar, der Moment
einmalig und die Entwicklung aufwendig waren.
Heute hat jedes Smartphone eine
Kamera integriert. Fotos sind nun digitale Güter, die kostenlos gespeichert,
präsentiert und geteilt werden können. Die unendliche Verfügbarkeit der Fotos
führt zu einem anderen Phänomen: der Verschwendung [19] . Natürlich
können die Mikroökonomen jetzt anführen, dass die Kosten für das Device, den
Provider oder Energie aus der Gleichung ausgeklammert werden, aber diese gehen
für ein Foto gegen null und die Verfügbarkeit tendiert gegen unendlich. Im
Vordergrund dieses Artikels steht nicht die Haarspalterei über mikroskopisch
kleine Aufwendungen, sondern der Paradigmenwechsel in den Wirtschaftstheorien.
Mit digitalen Gütern begründen wir das Zeitalter des Überflusses.
Jedes stationäre Geschäft hat ein begrenztes Angebot. Es ist erforderlich,
die Produktvielfalt nach dem Pareto-Prinzip vorab einzuschränken, da die
Verkaufsfläche begrenzt ist. Und aus wirtschaftlichen Gründen ist es notwendig,
die Verkaufsregale mit populären Angeboten zu füllen, um das Gewinnoptimum zu
erreichen. Der Pareto-Effekt [20] sagt aus,
dass mit 20 Prozent des Aufwandes 80 Prozent des Ergebnisses erzielt werden.
Händler konzentrieren sich also zwangsläufig – nach dem Pareto-Prinzip – auf
den Ausschnitt des Marktes, der ihnen den höchsten Gewinn verspricht.
Im Gegensatz dazu hat die Musikplattform iTunes einen vollkommenen
Marktplatz [21] geschaffen.
Mit über 70 Millionen Songs [22] bietet sie
die gesamte gewerblich publizierte Musik der Welt an. Die Plattform ist ein
unendliches, digitales Verkaufsregal ohne physische Grenzen. Sie folgt nicht
dem Pareto-Prinzip, sondern nutzt die Vorteile des Long Tail.
Chris Anderson [23] hat die
Downloads von Musikplattformen ausgewertet und herausgefunden, dass der Long Tail
wirtschaftlich interessant ist. Seine Forschungen in der Musikindustrie zeigen:
98 Prozent des Plattformangebotes werden kontinuierlich nachgefragt. Kunden
lieben die Vielfalt und konsumieren durchaus Nischenangebote, die vom
stationären Handel aussortiert wurden. Der Long Tail ist in der digitalen Welt
ein Zusatzangebot, das ohne zusätzlichen Aufwand nennenswerte Umsätze
produziert.
Anderson hat daraufhin auch die Umsätze und Profite untersucht.
Nach seinen Berechnungen erwirtschaftet eine Online-Plattform mit einem 10-fach
größeren Angebot gegenüber einem stationären Geschäft 25 Prozent ihres Umsatzes
und 33 Prozent ihres Gewinns über den Long Tail. Im Vergleich zu Andersons
Berechnung ist der Hebel der großen Internetplattformen um ein Vielfaches
höher. Die Profitabilität elektronischer Plattformen steigt somit mit ihrer Produktvielfalt. [24]
Die Entwicklung der 80/20-Regel, Quelle: Anderson , C. 2008. The long tail. S. 132
Woran liegt es, dass Paretos Prinzip versagt? Ganz klar, die digitalen Plattformen haben keine Kapazitätsgrenzen, sie werden beliebig skaliert und passen sich dem verfügbaren Angebot an. Den Plattformen ist es absolut egal, welche und wie viele digitale Güter sie beherbergen. Es ist sogar ein Vorteil, sie bis an die Grenzen des Marktes zu befüllen, denn über die Stückkostendegression [25] fallen die bereits geringen Grenzkosten noch weiter. Patrick Stähler, Vordenker für digitale Geschäftsmodelle, betont: „Die optimale Produktionsmenge ist der Markt.“ [26]
Pareto versagt, weil die Aufwendungen für ein zusätzliches Produktangebot gegen null gehen. Es ist komplett verfehlt, die 20 Prozent hervorzuheben bzw. die 80 Prozent zu vernachlässigen, wenn die 100 Prozent keinen zusätzlichen Aufwand darstellen.
Ein Sprichwort sagt: „Nichts ist umsonst.“ Doch digitale Güter werden
durchaus unentgeltlich angeboten. Der Grund sind die geringen
Transaktionskosten. Denn Plattformen erfordern keine manuelle Arbeit und kommen
ohne physische Ressourcen aus. Auf der anderen Seite verlangt die Plattform
nach einer hohen Auslastung und ein Mangel an Transaktionen bedeutet Stillstand.
Der dritte wichtige Grund ist die Aufmerksamkeit der Kunden, da ein kostenloses
Angebot verführt und die Wechselbarrieren senkt. Auch der stationäre Handel
wirbt mit Gratis-Angeboten, kann diese jedoch durch seine hohen Aufwendungen
nur begrenzt durchsetzen.
Chris Anderson [27] hat das kostenlose Angebot, auch „Free“ genannt, untersucht und die verschiedenen Ertragsmodelle dahinter beschrieben. Diese sind vielfältig und reichen von einem kostenfreien Basisangebot über ein provisioniertes Geschäftsmodell bis hin zu einem werbebasierten Sponsoring. Hintergrund ist nach seiner Forschung, dass sich das Ertragsmodell grundlegend geändert hat oder freie Ressourcen als Lockangebot verschenkt werden.
„Free“ oder ein Preis von null, passt nicht in unser traditionelles Grundverständnis der Betriebswirtschaftslehre. Umsatz errechnet sich aus der Multiplikation der verkauften Produkte mit dem Preis. Bei „Free“ allerdings ist der Preis und somit der Umsatz null. Der Gedanke einer Mischkalkulation kommt auf, doch das Verhältnis von kostenpflichtigen zu kostenfreien Produkten beträgt nicht 90/10, sondern 10/90. Ein anderer Einwand ist, dass die indirekten Einnahmen (z. B. Provisionen, Werbung oder Spenden) den eigentlichen Umsatz ausmachen. Dem steht eine vollständige Entkopplung des Produktes vom Ertragsmodell entgegen. Es gibt für den Kunden keinerlei Zwang zum Kauf. Typische Beispiele sind die Suchmaschine Google, das Spiel „Angry Birds“ oder die Enzyklopädie Wikipedia. Uber, Booking.com und Airbnb sind weitere prominente Anbieter, die kostenfrei Leistungen für ihre Kunden erbringen. Es ist ein gravierender Wandel in den Ertragsmodellen, denn es war bisher nicht möglich, alles zu verschenken und trotzdem Umsatz zu generieren.
Die digitale Konvergenz steht erst am Anfang. Bücher, Musik,
Bilder und Video sind bereits digitale Güter, doch nun folgt der große Block
der Informationen. Nach und nach erobern digitale Güter unser Leben und bilden
dabei immer komplexere Strukturen.
Die digitalen Güter vernetzen sich untereinander und formen sich zu vielschichtigen Informationsblöcken. Jeder Onlineshop benötigt hochpräzise digitale Produktinformationen. Diese sind aus Texten, Fotos, Videos und Bewertungen zusammengesetzt und bilden nun einen Informationsblock. Die digitale Konvergenz erfasst inzwischen auch beratungsintensive Produkte und Dienstleistungen, wie Immobilien, Reisen, Autos und Wertpapiere. Im Prinzip wird das Wissen der Verkäufer langsam, aber sicher in digitale Informationen übertragen und der Verkäufer somit überflüssig.
Facebook und Google sind Datensammler, die alle verfügbaren
Informationen erfassen und daraus gezielt Nutzerprofile bilden. Diese Profile
spiegeln zum Beispiel den Musikgeschmack, aber auch die politische Meinung oder
die sexuelle Präferenz einer Person wider. Dabei muss sich die Person zu dieser
Prägung nicht ausdrücklich geäußert haben oder sich der Neigung überhaupt
bewusst sein.
Komplexe Algorithmen erzeugen aus wenigen Informationen
facettenreiche Profile mit einer hohen Trefferwahrscheinlichkeit. Nutzerprofile
sind digitale Güter, die gezielt für Werbung genutzt werden.
Unser Geld ist ebenfalls ein Beispiel für ein digitales Gut. Sein gesamter Kreislauf, die Kontostände und die Depots sind elektronische Buchungen. Die Internet-Start-ups setzen ausschließlich auf bargeldloses Zahlen, denn sie wollen keine Kasse, kein Wechselgeld und keine Tresore. Sie haben erkannt, das physisches Geld nicht mehr gebraucht wird. Leider ist das Bargeld noch ein Relikt aus dem Mittelalter. Das Festhalten am Bargeld lähmt unsere Wirtschaft und verzögert den Schritt in die nächste Epoche.
Mit der Verbreitung der digitalen Güter beginnt auch der Umbruch der Wirtschaftstheorien. Unsere analoge Welt mag zwar den alten Regeln weiterhin folgen, doch die digitalen Geschäftsmodelle erobern die Welt. Salim Ismail beschreibt dies in seinem Buch „Exponentielle Organisation“ besonders treffend: „Eine auf Information basierende Umgebung schafft grundlegende disruptive Möglichkeiten.“ [28]
Das Versagen der Wirtschaftstheorien erzeugt Unbehagen und Chaos. Welchen Regeln kann der Unternehmer noch folgen? Wie können Entscheidungen geprüft werden? Welche Strategie ist die richtige? Es ist eine Zeit des Umbruchs, die nach neuen Antworten und einer neuen Ordnung sucht. Es gilt eigene Theorien für die digitale Welt zu entwickeln und sie in den Lehrbüchern, den Universitäten und den Unternehmen zu verankern. Doch es geht nicht nur um die Institutionen, die diese Theorien beherbergen, sondern um die Personen – Absolventen, Professoren, Führungskräfte, Strategieberater und Digital-Experten – die sie transportieren sollten. Dem Unternehmer bleibt zunächst lediglich die Möglichkeit, einen Digital-Experten ins Boot zu holen, der nicht nur über die Digitalisierung redet, sondern auch die Kräfte dahinter erklären kann. Die Auswahl des richtigen Strategieberaters ist der erste Schritt zum Erfolg der digitalen Transformation.
Lassen Sie uns die Erkenntnisse dieser argumentativ geführten
Forschungsarbeit zusammenfassen! Einige wichtige Wirtschaftstheorien verändern
sich, da sie die Begrenzungen einer analogen Welt sprengen. Auslöser hierfür
sind die digitalen Güter und die dazugehörigen Geschäftsmodelle. Die digitale
Disruption erfordert, dass ein elementares Kundenbedürfnis in einer neuartigen
Form befriedigt wird und die für den Kunden wichtigen Leistungsmerkmale dabei
verbessert werden. Die Produktivität steigt, wenn die beiden Faktoren Arbeit
und Ressourcen gegen null gehen.
Die Strategie des „Blue Ocean“ zielt auf einen neuen Markt mit höherem Value und geringeren Kosten. Digitale Güter erzeugen einen Überfluss und buhlen um die Aufmerksamkeit der Kunden. Die neue Grenze des Verkaufsregals ist der Markt. Die Ertragsmodelle formen sich signifikant um.
Diese gewaltigen Veränderungen in den Wirtschaftstheorien müssen Leser zunächst verarbeiten. Die neuen Tatsachen zu akzeptieren, ist nicht leicht. Das hat sich in zahlreichen Gesprächen und Workshops mit Interessenten gezeigt. Vielmehr ist es notwendig, die Argumente mehrfach darzulegen, den Wandel an Beispielen aufzuzeigen und immer wieder zu erklären. Das Interesse ist groß, der Widerstand leider auch. Nutzen Unternehmer die digitale Freiheit für sich, eröffnen sich disruptive Möglichkeiten. Mit den hier beschriebenen Ausführungen wird aus der banalen Aufforderung: „Wir brauchen ein neues Denken“, ein „So gehen wir es an!“. Das digitale Abenteuer entwickelt sich langsam, aber sicher zu einem spezifischen Vorhaben. Unternehmer benötigen eine Strategie, eine Nutzenargumentation und natürlich einen Wegweiser.
[1] Schwab ,
K. 2016. Die vierte industrielle
Revolution.
[2] Stähler ,
P. 2001. Geschäftsmodelle in der
digitalen Ökonomie.
[3] Bauriedel ,
S. 2020. Das Wesen der Digitalisierung. [online].
[4] Covell ,
A. 2000. Digital convergence.
[5] FOCUS Online
Group GmbH. Die Top100 größten
börsennotierten Unternehmen der Welt. [online].
[6] Clement ,
R., Schreiber , D. und Bossauer , P. 2019. Internet-Ökonomie. S. 33–37.
[7] Schumpeter ,
J.A. 1942. Capitalism, socialism and
democracy.
[8] Stähler ,
P. 2001. Geschäftsmodelle in der
digitalen Ökonomie.
[9] Christensen ,
C.M. 2016. The innovator's dilemma.
[10] Bauriedel ,
S. 2017. Die Digitalisierung der
Geschäftsmodelle.
[11] Varian , H. 2016. Grundzüge
der Mikroökonomik.
[12] Stähler , P. 2001. Geschäftsmodelle
in der digitalen Ökonomie.
[13] Bauriedel , S. 2020. Die
drei Killerargumente für die Digitalisierung. [online].
[14] Porter, M.E. 1985. Competitive
advantage.
[15] Chan Kim & Renee
Mauborgne. Value innovation.
[16] Ismail, S., Malone,
M.S. und van Geest, Y. 2017. Exponentielle Organisationen.
[17] Osterwalder, A., Pigneur,
Y., Bernarda, G. und Smith, A. 2015. Value Proposition Design.
[18] Woll, A. 2003. Allgemeine
Volkswirtschaftslehre. S. 50.
[19] Diamandis, P.H. und Kotler,
S. 2012. Abundance.
[20] Koch , R. und Mader ,
F. 2015. Das 80/20-Prinzip.
[21] Jevons , W.S. 1871. Theory
of political economy.
[22] Apple Inc. 2021. iTunes -
Apple. [online].
[23] Anderson , C. 2008. The
long tail.
[24] Stähler , P. 2001. Geschäftsmodelle
in der digitalen Ökonomie. S. 197.
[25] Clement, R., Schreiber,
D. und Bossauer, P. 2019. Internet-Ökonomie. S. 67–69.
[26] Stähler, P. 2001. Geschäftsmodelle
in der digitalen Ökonomie. S. 197.
[27] Anderson , C., Schöbitz ,
B. und Vode , D. 2009. Free - Kostenlos.
[28] Ismail ,
S., Malone , M.S. und van Geest , Y. 2017. Exponentielle Organisationen. S. 14.